Wiederaufbauhilfe für Unternehmen nach der Jahrhundertflut – Ein Erfahrungsbericht aus der Sachverständigenpraxis

Wiederaufbauhilfe für Unternehmen nach der Jahrhundertflut – Ein Erfahrungsbericht aus der Sachverständigenpraxis

Anderthalb Jahre ist es mittlerweile her, dass ein Hochwasser- und Starkregenereignis ganze Regionen und die Existenz von vielen Menschen und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nachhaltig zerstörte.

Betroffene Unternehmen haben mindestens noch bis zum 30.06.2023 die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung von ihrem Bundesland zu erhalten. Welche Voraussetzungen für eine Wiederaufbauhilfe erfüllt sein müssen und wie das Antragsverfahren abläuft, lesen Sie in unserem Beitrag „Flutkatastrophe: Was Unternehmen zur Wiederaufbauhilfe wissen müssen".

Im Rahmen der von den Ländern aufgelegten Programme werden Zuschüsse als so genannte „Billigkeitsleistung“ gewährt. Förderfähig sind die Kosten für folgende Schäden:

  • Sachschäden auf der Grundlage der Reparaturkosten („Reparaturkosten“)
  • Sachschäden auf der Grundlage des wirtschaftlichen Wertes des betroffe­nen Vermögenswertes vor der Naturkatastrophe („Schadensersatz“)
  • Einkommenseinbußen als direkte Folge der Naturkatastrophe während eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten nach der Naturkatastrophe („Einkommensersatz“)

Zum Nachweis der Sachschäden sowie der Einkommenseinbußen ist ein Gutachten von einem anerkannten unabhängigen Sachverständigen oder Versicherungsunternehmen erforderlich.

Als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige erstellen wir Gutachten für Unternehmen, die durch die Flutkatastrophe einen Schaden erlitten haben. Seit Beginn der staatlich geschaffenen Wiederaufbauprogrammen stehen wir in unserer Funktion als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige mit den genehmigenden und auszahlenden Banken in engem Kontakt und halten uns so immer auf dem aktuellen Stand. Sämtliche in unseren Gutachten bescheinigten Sachschäden wurden bislang anerkannt und vollständig ausgezahlt.

Wie berechnen wir die Sachschäden auf der Grundlage der Reparaturkosten und auf der Grundlage des wirtschaftlichen Wertes der betroffenen Vermögensgegenstände?

Wir profitieren hier von unserer mehr als 30jährigen Erfahrung als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Sachgebiet der Wirtschaftlichkeitsanalysen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).

  • Die Feststellung der Reparaturkosten ist eher unproblematisch. Hier genügt es, zunächst die Schadenssumme, die für die Reparaturen anfallen wird, anhand von Angeboten, Kostenvoranschlägen oder Erfahrungswerten zu schätzen. Die Auszahlung der Reparaturkosten erfolgt nach Durchführung durch Vorlage des Mittelabrufs und Nachweis der tatsächlichen Reparaturausgabe (Ausgabenerstattungsprinzip).
  • Der wirtschaftliche Wert von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bzw. Inventars kann auch als Marktwert, aktueller Reproduktionswert, Wiederbeschaffungszeitwert oder Verkehrswert bezeichnet werden. Insofern handelt es sich bei dem wirtschaftlichen Wert um den Geldwert, der aufgebracht werden müsste, den Vermögenswert in gleicher Beschaffenheit (Eigenschaften, Alter und Zustand) zu ersetzen. Die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes eines Vermögenswertes ist demnach gut zu ermitteln, wenn ein Zweitmarkt hierfür existiert, d.h. der Vermögenswert in gleicher Ausführung gekauft werden kann. Kann der wirtschaftliche Wert des Vermögenswertes nicht anhand eines Marktpreises festgestellt werden, muss eine Schätzung erfolgen. Hierzu bedienen wir uns verschiedener Instrumente und Kriterien, wie z.B. das Anlagenverzeichnis aus der Buchhaltung. Die wirtschaftlichen Werte entsprechen jedoch nur dann den Buchwerten, wenn die in der Buchhaltung erfassten Abschreibungen den tatsächlichen Werteverzehr widerspiegeln, was selten der Fall ist. Liegen hingegen überhaupt keine belastbaren Zahlen vor, muss in der Retrospektive eine Aufstellung des geschädigten Unternehmensinhabers mit vorgelegten Fotos vor und nach der Flutkatastrophe plausibilisiert werden, um so ansatzweise zu einem Schätzwert zu gelangen.
  • Einfacher ist die Ermittlung des wirtschaftlichen Wertes beim Umlaufvermögen, d.h. bei den Vorräten. Vorräte werden kurzfristig eingekauft und es handelt sich um Neuwaren. Demnach entspricht der wirtschaftliche Wert regelmäßig dem aktuellen Einkaufspreis. Im Zusammenhang mit den Vorräten ist es vielmehr von Bedeutung, einen Nachweis für die vor der Flutkatastrophe vorhandenen Vorräte zu erbringen. Oftmals liegen keine (aktuellen) Inventurunterlagen vor. Hilfsweise können die Vorräte dann anhand des durchschnittlichen Vorratsbestands in der Vergangenheit, anhand des durchschnittlichen Materialeinsatzes, anhand von Fotos vor der Flutkatastrophe oder anhand von Vergleichsunternehmen geschätzt werden.

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